Kunstgeschichte studieren – 5 gute Voraussetzungen und 5 Gründe dagegen

Du möchtest studieren und fragst dich nun, ob Kunstgeschichte das richtige Studienfach für dich ist? Was musst du mitbringen und was könnte deinem Studienerfolg im Weg stehen? Hier findest du 5 gute Voraussetzungen für ein Studium der Kunstgeschichte und 5 Gründe dagegen – aus Sicht einer Kunsthistorikerin.

Natürlich musst du die grundlegende Entscheidung, welches Fach du studieren möchtest, für dich selbst treffen. Aber woher sollst du vorher überhaupt wissen, was dich erwartet? Auch wenn jedes Studium anders ist und deine Zufriedenheit mit dem Fach von verschiedenen Faktoren abhängt, möchte ich dir bei dieser Frage etwas unter die Arme greifen. Ich gebe dir daher 10 subjektive Entscheidungshilfen an die Hand, die ich als Kunsthistorikerin und langjährige Studentin der Kunstgeschichte besonders wichtig finde, sodass du Kunstgeschichte erfolgreich studieren kannst. Also, los geht’s!

5 gute Voraussetzungen für ein Studium der Kunstgeschichte

Fangen wir mit den Voraussetzungen für ein Studium der Kunstgeschichte an. Das Fach ist in der Regel nicht zulassungsbeschrängt, das heißt, du brauchst keinen sehr guten Notendurchschnitt und musst keine Vorprüfung ablegen. Trotzdem kannst du ein paar Dinge mitbringen: Ich habe fünf – meiner Meinung nach – entscheidende Qualitäten zusammengetragen, die dir helfen, dich in der Kunstgeschichte wohlzufühlen.

1. Du findest Kunst interessant

Das ist der offensichtlichste Grund, aber tatsächlich auch der aller wichtigste. Du solltest auf jeden Fall Interesse an Kunst, Kunstepochen, einzelnen Werken und/oder künstlerischen Techniken mitbringen. Du musst natürlich nicht über alles in der Kunstgeschichte und -welt Bescheid wissen, denn du studierst ja, um dir eben dieses Wissen anzueignen. Wenn dich Kunst als Thema schon vor Beginn deines Studium begeistert, hast du gute Chancen, dass du bei dem Fach bleibst. Die Inhalte des Studiums können dich so nicht nur bei Stange halten, sondern tatsächlich begeistern und glücklich machen!

2. Du willst unter die Bildoberfläche schauen

Als Kunsthistoriker:innen nehmen wir Werke auseinander. Im übertragenen Sinne. Oder im wortwörtlichen. Wir wollen Zusammenhänge und Unterschiede entdecken, untersuchen und je nach Interesse und späterem Berufsfeld auch vermitteln. Neben den Kunstwerken als solches stehen natürlich auch die jeweiligen Zeiten, in denen die Objekte entstanden sind, im Vordergrund des Studiums. In welchem Jahrhundert welche Technik verwendet wurde kann genau so wichtig sein wie die Frage danach, welche Motive sich wann entwickelt haben. Diese und viele weitere Fragen können können wir beantworten, wenn wir uns intensiv mit einem Werk und der Tradition, in der es steht, beschäftigen. Wenn du meinst, dass du daran Spaß hast, bist du vielleicht ein/e angehende/r Kunsthistoriker:in!

4. Du hast eine Schwäche Ordnung, es darf aber auch mal chaotisch sein

Wenn du anfängst zu studieren, wirst du schnell merken, dass Wissenschaftler:innen gerne ordnen und systematisieren. Auch in der Kunstgeschichte werden Fakten (ein-)geordnet: Wann kam Ölfarbe in Tuben auf, welche Künstler:innen haben sich zu Lebzeiten ausgetauscht und welchen Weg hat ein Gemälde auf seinem Weg ins Museum zurückgelegt?
Zu Beginn deines Studiums wirst du vermutlich als aller erstes verschiedene Epochen und Strömungen lernen. Das hilft dir, später auch unbekannte Werke einordnen zu können und Parallelen oder Unterschiede zu erkennen. Keine Sorge, mit der Zeit eignest du dir den Blick für diese Details an! Doch ab und an gibt es auch etwas Chaos: Denn genau so wichtig wie Ordnung ist es auch, nicht immer in der Komfortzone zu bleiben und sofort Rückschlüsse zu ziehen. Denn das kann nicht nur wissenschaftlich in die Hose gehen, sondern auch ganz entscheidende Einsichten versperren. Wenn du meinst, die Antwort, die ein Werk dir gibt, schon zu kennen, wirst du auch immer nur diese eine Antwort bekommen – und das wäre doch schade!

3. Du willst deinen eigenen Weg zu finden

Wenn die ersten beiden Bedingungen erfüllt sind, bist du mit der Kunstgeschichte vermutlich gut beraten. Wenn du deinen weiteren Weg noch nicht kennst, ist das kein Problem, du wirst ihn kennenlernen! Ich selbst habe damals angefangen Kunstgeschichte zu studieren, weil ich mir gut vorstellen konnte, mich mit Kunst zu beschäftigen. In der ersten Vorlesung habe ich wie gebannt alle Infos aufgesogen und wollte unbedingt mehr lernen. In welche Richtung ich “später einmal” gehen möchte, wusste ich nicht. Das hat sich erst im Laufe der Zeit gezeigt: Ich habe mit Architektur und Bauforschung angefangen und bin irgendwann zur Malerei und dann zu Kunstfälschungen gekommen. Bei deinem Weg spielen die Lehrenden an deiner Uni eine ganz entscheidende Rolle, denn sie zeigen dir, was es da draußen für wunderbare Themen gibt. Schaue dich also in Ruhe um und schnuppere in verschiedene Bereiche rein. Bei mir ging es weiter mit Fotografie und Spielfilmen und am Ende habe ich meine Masterarbeit über ein Videospiel geschrieben. Gleichzeitig ist schon vor vielen Jahren die Idee für diesen Blog geboren. Du siehst: Die Wege deines Studiums sind unergründlich, und das ist das Schöne an der Kunstgeschichte. Klingt nach deinem Geschmack? Dann fang an und schau, wohin dich deine Reise führt!

5. Du liest gerne

Lesen ist das A und O in der Kunstgeschichte. Eigentlich in allen Geisteswissenschaften. Neben der Lust am Lesen solltest du Spaß haben, neue Dinge zu lernen und zu entdecken – denn darum geht es beim Studieren. Ein gewisser Wissensdurst für die Thematik sollte auf jeden Fall vorhanden sein, damit du es überhaupt schaffst, am Ball zu bleiben.
Wenn du meinst, dass es dir schwer fällt anspruchsvolle Texte zu lesen, du aber prinzipiell Interesse daran hast, dann habe ich gute Neuigkeiten für dich: An der Uni lernst du, schwierige Texte zu lesen und zu verstehen. Natürlich kannst du nicht von 0 auf 100 einsteigen, aber das ist auch gar nicht nötig. Das Niveau der Lektüre wird steigen, aber du wirst damit wachsen. Zu dem Thema, wie du Fremdwörter und Fachtermini in deinen eigenen Wortschatz einbringst, findest du übrigens hier auch bald einen Beitrag!
Wenn du also gerne liest und Lust auf neues Wissen hast: Perfekt! Wenn du Schwierigkeiten hast, Texte zu verstehen, es aber gerne lernen möchtest, ist das genau so gut. Wenn dieser Absatz aber für dich eher nach einem Albtraum klingt, solltest du deine Studienwahl noch einmal überdenken. Dabei helfen dir die nächsten fünf Punkte 🙂

5 Gründe gegen ein Studium der Kunstgeschichte

Meiner Erfahrung nach sind die meisten unglücklichen Studierenden mit ihrem Fach unzufrieden, weil sie falsche Erwartungen daran gestellt haben. Das muss gar nicht besonders schlimm oder ihre eigene Schuld sein, wir alle haben schließlich Vorstellungen, die sich auf eigene Erwartungen oder fremde Aussagen stützen. Die Punkte gegen ein Studium der Kunstgeschichte sollen dich nicht davon Abbringen das Studienfach auszuprobieren, sondern dir vielmehr helfen, mit deiner Studienwahl auch wirklich zufrieden zu sein! Was sind also fünf Gründe, die meiner Meinung nach gegen ein Studium der Kunstgeschichte sprechen?

1. Du möchtest selbst kreativ sein

Wenn du ein Kunststudium anstrebst, wirst du vermutlich mit der Kunstgeschichte nicht glücklich werden. Es kann sicherlich von Vorteil sein, alte Techniken zu kennen und Künstler:innen zu studieren, aber: Kunstgeschichte ist und bleibt ein theoretisches Fach. Wenn wir von praktischen Bereichen der Kunstgeschichte reden, dann sprechen wir beispielsweise davon, wie wir die Hängung in einem Museum gestalten oder davon, wie denkmalpflegerische Maßnahmen umgesetzt werden. Gemeint ist damit aber nicht, dass wir Pigmente zusammenrühren, Siebdrucke erstellen oder Bleistiftschraffuren üben. Denn das ist nicht Ziel unseres Studiums. Wenn du also ein praktisches, handwerkliches Studium suchst, schaue dich lieber direkt nach einem Kunststudium um. Wenn du trotzdem an alten Werken arbeiten willst, informiere dich doch einmal über das Fach Restaurierung.

2. Du möchtest Lehrer:in werden

Wenn du Kunstgeschichte studierst, wirst du nicht unbedingt lernen, wie du Kunstgeschichte am besten vermitteln kannst — ich weiß, jetzt wird es ein wenig meta, weil ich ja gerade genau das mache. Auch wenn Kunstvermittlung als solches natürlich einen Bereich der Arbeit von Kunsthistoriker:innen darstellen kann, lernen wir im Studium nicht, wie wir eine Klasse voller Schulkinder bändigen. Daher lautet mein Rat: Tue deinen späteren Schüler:innen, aber vor allem dir selbst den Gefallen und studiere direkt Kunst auf Lehramt. So wird dir gleich das richtige Maß an Didaktik und Pädagogik mit auf den Weg gegeben und musst dich nicht als Quereinsteiger:in mit heiklen Arbeitsbedingungen herumplagen. Manche Unis bieten auch zusätzliche Kurse oder kombinierte Studiengänge an, mach dich auf jeden Fall schlau, um die bestmögliche Ausbildung für dich und deinen Traumberuf zu finden.

3. Du weißt nicht, was du sonst studieren sollst

Ich glaube, das ist ganz unabhängig vom Fach keine gute Einstellung in ein Studium zu starten. Egal für welches Fach du dich entscheidest, egal, wie sehr es dich begeistert, es wird immer Phasen geben, in denen es dir schwerfällt, dich zu motivieren. Wirst du diese Phasen überstehen, wenn du schon ganz ohne Leidenschaft an die Sache herangehst? Frage dich selbst, warum du studieren möchtest, wenn du nicht für ein spezielles Fach brennst. Wenn du weißt, dass das Studium das Richtige für dich ist, du aber tatsächlich keinen Plan hast, was du studieren willst, dann kann ich dir den Test auf der Seite was-studiere-ich.de empfehlen. Hier beantwortest du ein paar Fragen und bekommst fundierte Vorschläge, die zu deinen persönlichen Fähigkeiten und Interessen passen. Der Test ist Teil der “Studieninformation für Baden-Württemberg” und zeigt dir daher Studienstandorte in diesem Bundesland. Die allermeisten Fächer kannst du aber natürlich auch in anderen Bundesländern studieren.

4. Dich interessiert nur ein kleiner, ganz spezieller Teil

Dein Herz schlägt bei der Bauweise alter Fachwerkhäuser höher, du liebst die Filme von Stanley Kubrick oder Uhren von Cartier? Schau dir die Inhalte des Studiums der Kunstgeschichte an (auf der Webseite der Uni deiner Wahl oder auch auf diesem Blog) und frage dich ganz ehrlich: Rechtfertigt deine Leidenschaft für dieses eine Gebiet ein Kunstgeschichtestudium von 6 Semestern Regelstudienzeit? Oder gibt es ein Studienfach oder auch eine Ausbildung, die dich deiner eigentlichen Leidenschaft näherbringt? Möchtest du vielleicht doch lieber Bauingenieur:in, Filmwissenschaftler:in oder Uhrmacher:in werden? Natürlich kannst du auch in die Kunstgeschichte reinschauen und dir mit etwas Glück dort nach den Grundlagen deine Nische suchen. Sei dabei aber ehrlich mit dir selbst und entscheide dann, was dich wirklich interessiert!

5. Du möchtest nach deinem Studium in ein festes Berufsfeld einsteigen

Wenn du Lehramt studierst, kannst du Lehrer:in werden, wenn du Pharmazie studierst, Apotheker:in. Natürlich bist du nach deinem Studium der Kunstgeschichte Kunsthistoriker:in. Aber obwohl es deinem Abschluss einen Namen gibt, ist es noch lange keine allgemeingültige Berufsbezeichnung. Als Kunsthistoriker:in hast du, wenn du Glück hast, die Qual der Wahl. Das Studium zeigt dir viele Türen in viele Bereiche. Genau so, wie wenn du Literaturwissenschaften oder Archäologie studiert hast. Finden und öffnen musst du diese Türen allerdings selbst, denn es gibt kein festes Berufsfeld für die Absolvent:innen. Ich persönlich sehe das als Chance. Du kannst dich im Laufe deines Studiums spezialisieren und auf bestimmte spätere Aufgabenbereiche hinarbeiten. Du kannst beispielsweise als Kurator:in in einem Museum arbeiten, in der Denkmalpflege oder in einem Verlag. Oder du bleibst an der Uni in der Forschung. Du kannst aber auch mit Banken und Versicherungen zusammenarbeiten, denn auch die mögen Kunst und suchen Expert:innen, die sich damit auskennen.
Wie du siehst: Möglichkeiten gibt es viele, aber nicht alle sind leicht in die Realität umzusetzen. Überlege dir, ob du das in Ordnung findest. Wenn du noch nicht weißt, wo deine berufliche Laufbahn nach dem Studium hingeht, ist das vollkommen in Ordnung, du kennst deine Möglichkeiten ja noch gar nicht. Aber wenn du wert darauf legst, nach deinem Studium sofort ein festes und hohes Einstiegsgehalt zu haben, gibt es vielleicht andere Studiengänge, die dir diesen Wunsch eher erfüllen.

Ein letzter Tipp: Einfach mal ausprobieren!

Wenn du anfängst Kunstgeschichte zu studieren, es aber dann doch nicht deinen Erwartungen entspricht – wechsle dein Fach. Das gleiche gilt, wenn du gerade etwas anderes studierst und zur Kunstgeschichte wechseln möchtest. Es ist keine Schande, sich auszuprobieren und wenn du wirklich unzufrieden mit deiner aktuellen Wahl bist, dann kannst du schließlich nur gewinnen!
Aber: Falls du BAföG bekommst, erkundige dich rechtzeitig nach den Bedingungen beim Studienfachwechsel. Ich drücke dir die Daumen, dass du das Fach findest, das am allerbesten zu dir passt – und vielleicht ist es ja sogar die Kunstgeschichte!

Das waren meine fünf Gründe für und gegen ein Studium der Kunstgeschichte. Siehst du deinen Weg nun etwas klarer? Schreibe gerne in die Kommentare, ob du dich in deinem Wunsch, Kunstgeschichte zu studieren bestätigt fühlst oder ob du dich doch noch einmal umsehen möchtest. Studierst du vielleicht selbst schon Kunstgeschichte und kannst die Liste um weitere Entscheidungshilfen ergänzen?

Bei Fragen rund ums Studium, Feedback oder Beitragswünschen könnt ihr neben der Kommentarfunktion gerne das Kontaktformular nutzen. Ich freue mich immer darauf, von euch zu hören!

3 Gedanken zu „Kunstgeschichte studieren – 5 gute Voraussetzungen und 5 Gründe dagegen“

  1. Auch wenn ich selber nicht studieren werde, hat mich dieser Beitrag abgeholt! Sehr schön zu lesen – wie ein warmer Kakao mit einer großen Portion Sahne darauf…Klasse!

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