Fundwerk der Woche KW 25/15: All is Vanity

Charles Allan Gilbert (1873- 1929): All is Vanity, 1892

Netztaktat Charles Allan Gilbert  All is Vanity
Charles Allan Gilbert: All is Vanity, 1892 (Quelle: Wikimedia Commons| Public Domain)

Viele Wochen sind vergangen, aber nun geht ein weiteres Fundwerk der Woche ins Rennen. Diesmal ein bekanntes Vexierbild, also ein Wechselbild, das mehr als eine Ansicht hat.

Hier beispielsweise sitzt eine junge Dame an einem Schminktisch mit rundem Spiegel, der zugleich einen Totenkopf darstellt. Der Kopf der Frau und dessen Spiegelung bilden seine Augen, die kleinen Flakons und Wässcherchen sein Gebiss.

Von der offensichtlichen Bildsprache abgesehen, deutet auch der Titel “All is Vanity”, also alles ist eitel – oder auch auch im heutigen Sprachgebrauch vergänglich – auf eine ganz klare Vanitassymbolik. Bei dem Titel fiel mir sofort das barocke Sonett “Es ist alles Eitel” von Andreas Gryphius ein.

Und falls du es noch nicht kennen solltest: Jetzt kannst du eine kleine “Bildungslücke” schließen, denn auch als Kunsthistoriker schadet es nicht, von diesem kleinen Gedichtchen schon gehört zu haben 😉

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
 Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:
 Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,
 Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.
 
 Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
 Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch’ und Bein,
 Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
 Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
 
 Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.
 Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
 Ach! Was ist alles dies, was wir für köstlich achten,
 
 Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
 Als eine Wiesenblum’, die man nicht wieder find’t.
 Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten!

Aber: kein Memento Mori ohne Capre Diem! Also nutze den Tag und erzähl mir, was du von solchen Bildern hältst!

2 Gedanken zu „Fundwerk der Woche KW 25/15: All is Vanity“

  1. Hab das Bild immer nur im Zusammenhang mit Edgar Allen Poe oder so gesehen, nie mit barocker Dichtung. Lustig, wie verschieden Rezeption sein kann 😉

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    • Hallo Nele! Ja das stimmt, mich erinnert das Bild auch sehr an die schwarze Romantik. Ich habe aber irgendwie beim Schreiben garnicht mehr daran gedacht sondern war so auf dieses “All is vanity” bedacht, dass das einfach untergegangen ist 😛 Von daher, danke für deinen Beitrag!

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