Know your language: Fachsprache aneignen und souverän verwenden (nicht nur für Kunsthistoriker:innen)

Wie eignet man sich eigentlich eine wissenschaftliche Ausdrucksweise an? Wie werden Hausarbeiten und Abschlussarbeit sprachlich so richtig rund? Fachtermini lernen wir in den Einführungen, aber was ist mit all den kleinen Wörtern, die einem wissenschaftlichen Text und einer fachlichen Diskussion das gewisse Etwas geben?

Ich werde dir heute zeigen, wie ich mir im Laufe meines Studiums ganz nebenbei eine solide und angemessene Sprache angeeignet habe, mit der ich mich in meinen wissenschaftlichen Texten spezifisch und souverän ausdrücken kann.

In 6 wirklich einfache Schritte heruntergebrochen ist es für jede:n machbar, das eigene Repertoire an Fremdwörtern zu erweitern. Am Ende des Beitrages findest du direkt ein paar Beispiele zum Üben 🙂

Fremdwörter nebenbei lernen

In diesem Beitrag geht es nicht um fachspezifische Begriffe, also Fachtermini, wie du sie beispielsweise in einer Fassadenbeschreibung findest. Heute geht es um Fremdwörter und kleine Formulierungen, die deinen Text nicht nur oberflächlich wissenschaftlicher erscheinen lassen, sondern dir die Möglichkeit geben, deine Gedanken präzise in Worte zu fassen, ohne viel Klimbim.

Beispiele wären hierfür kursorisch (statt oberflächlich und flüchtig), marginal (statt nicht wichtig, geringfügig) lancieren (statt gezielt unter die Leute bringen). Manchmal handelt es sich um bloße Synonyme, in anderen Fällen kannst du so ganz genau ausdrücken, was du sagen möchtest.

Also, wie kannst du dir ganz einfach und nebenbei Fremdwörter aneignen? In dem du die Texte, die du für dein Studium sowieso liest, ein klein wenig hinterfragst. Wie das geht, schauen wir uns jetzt genauer an.

1. Bemerken

Der erste Schritt ist schlichtweg das Bemerken von Fremdwörtern und dir nicht bekannten Formulierungen. Wenn du einen Text liest, versuche, nicht über Unklarheiten hinwegzulesen, sondern aktiv zu hinterfragen: Verstehe ich, was dieses Wort in diesem Zusammenhang bedeutet?

2. Markieren

Als nächstes nimmst du dir einen Stift und markierst das Wort, das dir in Schritt 1 aufgefallen ist. Du kannst auch Schlüsselwörter markieren, deren Bedeutung du dir zwar im Satzgefüge herleiten kannst, die dir aber trotzdem nicht vollkommen klar sind.

Da es hier nicht nur um das Lernen neuer Wörter geht, sondern auch darum, wie du deinen Wortschatz erweitern kannst, markiere gerne auch Wörter, die du zwar verstehst, aber selbst (noch) nicht benutzt. Vielleicht gibt es ja ein Wort, über das du beim Lesen stolperst, und das du gerne in deinen Sprachgebrauch aufnehmen möchtest? Wenn du anfängst, Texte auf diese Weise zu lesen, kannst du sie nicht nur inhaltlich durcharbeiten, sondern durch diese “Metaebene” auch für deine Soft Skills nutzbar machen.

Zum Markieren kannst du eine spezielle Farbe nehmen oder aber, so mache ich es, das entsprechende Wort einkringeln und neben dem Text ein kleines Symbol wie ein Fragezeichen, Ausrufezeichen oder ein Sternchen zeichnen. Wenn dich interessiert, wie ich meine Texte genau durcharbeite und welche Symbole ich benutze, lass es mich in den Kommentaren wissen, dann mache ich gerne einen Beitrag dazu 🙂

3. Recherchieren

Wenn du nun am Ende den durchgearbeiteten Text noch mal durchgehst, hast du durch die Symbole am Rand einen Überblick, wo die Wörter stehen, die du genauer nachschlagen möchtest. Hier reicht in den aller meisten Fällen eine Onlinerecherche mit der Suchmaschine deiner Wahl aus. Ob dir eine kurze Definition genügt oder ob du tiefer in die Materie einsteigen willst, hängt ganz von deinem Vorwissen, deinem Interesse und deinem Forschungsbereich ab.

4. Katalogisieren

Damit du das gerade recherchierete und für dich definierte Wort nicht gleich wieder vergisst, empfehle ich dir, es zu katalogisieren. Klingt erst einmal nach viel Aufwand, ist es aber gar nicht.

Du kannst das mit einem guten alten Karteikasten machen oder ganz einfach auf deinem Laptop in Word oder einer Notizapp. Ich nutze eine einfache Word-Tabelle mit mehreren Spalten. Hier trage ich als erstes das jeweilige Wort ein, daneben die Definition (oft nur Copy und Paste, denn die Definition ist nur eine Gedankenstütze für mich selbst und wird nicht in meine Texte übernommen).

Manchmal trage ich in einer letzten Spalte den Kontext ein, in dem ich das Wort gelesen habe. Denn manche Worte stammen eigentlich aus einem anderen Kontext, können aber unterschiedlich verwendet werden. Kleines Beispiel: Ein Autor hatte einmal eine Diskussion als “anämisch” bezeichnet. Eine kurze Web-Suche zeigt, dass anämisch “die Anämie betreffend; blutarm” bedeutet, also eigentlich ein medizinischer Begriff ist. In diesem Kontext aber ist eine “blutleere Diskussion”, also matt und nichtssagend, gemeint. Sprachliche Bilder und aus anderen Bereichen entlehnte Begriffe als solche zu markieren hilft dir, die Wörter nicht im falschen Kontext zu verwenden. Womit wir schon beim vorletzten Punkt wären…

5. Verwenden

Wenn du die ersten vier Schritte umsetzt, hast du schnell eine Liste mit vielen spannenden Wörtern erstellt. Nun kannst du diese ganz einfach in deiner Arbeit verwenden.

Das gute an der Tabelle oder deinem Karteikasten ist: Wenn du deine Arbeit schreibst, kannst du immer wieder in dein Glossar reinschauen. Dadurch rufst du dir wieder und wieder die Wörter ins Gedächtnis und kannst sie verwenden. Natürlich solltest du deinen Text nicht unnötig aufblähen, also nicht lauter Synonyme benutzen, nur damit deine Arbeit gehobener klingt. Probiere dich einfach aus, bis du ein für dich gutes Maß findest.

6. Dauerhaft in den Wortschatz aufnehmen

Wenn du die Schritte kontinuierlich durchführst, wirst du merken, wie deine Ausdrucksweise und dein Wortschatz immer reicher werden. Und das nicht nur in deinen Hausarbeiten, sondern auch im Seminar oder im Sprechstundengespräch.

Beispiele

Und das waren auch schon meine sechs Schritte für eine präzise Ausdrucksweise und eine souveräne Erweiterung deines Wortschatzes. Versuche es einfach das nächste Mal, wenn du einen Text vor dir hast. Ich mache die Schritte komplett nebenbei, jedes Mal, wenn ich einen Text durcharbeite. Es ist also überhaupt nicht kompliziert! Über die letzten Jahre sind so viele Wörter zusammengekommen, die ich super gerne verwende.

In meinem Glossar stehen übrigens Wörter wie: alludieren, basal, diametral, dispers, inhärent, erratisch, lancieren, marginal, ostentativ und prononciert. Wenn du das ein oder andere Wort nicht kennst, weißt du ja jetzt, was du zu tun hast 😉

Und damit wünsche ich dir frohes Schaffen. Auf die vielen spannenden Wörter, die es da draußen zu entdecken gibt!

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